Skoda Octavia 4x4 1,9 FSI

Fahrbericht Skoda Octavia 4x4
Schlammschlacht in Lappland

Auto-xxl — Fahrbericht vom 08.04.2005
Über den Sinn von Allradantrieb lässt sich gut streiten. In Deutschland, mit seinem gut ausgebauten Straßennetz. Erfahren lässt sich die Technik am besten unter Extrembedingungen. Skoda hat deshalb zum Härtetest geladen - nach Lappland. Ein Fahrbericht der etwas anderen Art.


Start in Frankfurt. Nach 2400 Kilometern durchbricht der Airbus A320 wieder die Wolkendecke. Ziel: Ivalo, ein kleiner Flecken am Rande Europas. Russland und die Barentssee sind nicht weit. Wald, so weit das Auge reicht. Dennoch ist der finnische Flughafen gut ausgebaut. Automobil- und Reifenhersteller aus aller Welt unterziehen ihre Produkte in den Weiten Lapplands einem Härtetest. Nur was die klirrende Kälte meistert, darf auf den Markt.

Der Allradkombi aus Tschechien ist mit einem Diesel- und einem Benzintriebwerk zu haben. Beides Direkteinspritzer. Der TDI leistet 105 PS (77 kW) und kostet 23 640 Euro, der FSI mobilisiert 150 PS (110 kW) und kommt auf 24 560 Euro. Bordcomputer, Klimaanlage und 15-Zoll-Alufelgen inklusive. Trotz der großen Leistungsdifferenz machen beide Motoren einen guten Job. Der FSI-Benziner braucht mehr Drehzahl und er wirkt erwartungsgemäß spritziger. Der TDI kann sich mit viel Kraft im Drehzahlkeller und einem Durchschnittsverbrauch von 5,9 l gut in Szene setzen. Leider ist ein Rußpartikelfilter für den 1,9-Liter-Turbodiesel erst im Spätsommer verfügbar als Option, die rund 600 Euro kosten wird. Auch eine Nachrüstlösung bietet Skoda an, die preislich auf ähnlichen Niveau liegen wird.

Beim Allradantrieb des Octavia Combi 4x4 handelt es sich um ein variables System: Über eine elektronisch gesteuerte Haldexkupplung wird die Antriebskraft zwischen den Achsen verteilt. Auf ebener Asphaltstrecke gelangt über 90 Prozent der Kraft zur Vorderachse. Verlieren die Räder die Haftung, bekommen sie Unterstützung von hinten. Oder umgekehrt. Sensoren registrieren feinste Drehzahlunterschiede und reagieren innerhalb von weniger als einer Viertel Radumdrehung. Soweit die Theorie.

Jetzt die Praxis. Das Thermometer zeigt vier Grad Plus. Der skandinavische Winter schwächelt, auch wenn er hier noch bis Mai das Klima bestimmt. Pappiger Matsch statt knirschendem Schnee unter den Sohlen. Dicke, nasse Flocken fallen vom Himmel. Auf uns wartet eine ganze Fahrzeugflotte von Octavia 4x4. Es geht aufs Eis. Das Testgelände: mehrere künstlich angelegte Seen und eine kurvige Handlingstrecke über die benachbarten Hügel. Jede Wasserfläche ist so riesig, dass darauf mehrere Fußballfelder Platz finden könnten. Trotz Tauwetter trägt das Eis. Nur die obere Schicht ist abgeschmolzen und von einer glitschigen Pampe bedeckt. Auf der Kreisbahn steht die Nässe knöcheltief. Meterhoch schießen braune Fontänen empor, wenn sich der Octavia 4x4 seinen Weg bahnt.

Schneematsch überall. Doch der Allradkombi fährt mit eingeschaltetem ESP noch bei 60 km/h wie auf Schienen durch Ausweichgasse, die mit rot-weißen Pylonen aufgebaut wurde. In kritischen Situationen bremst das elektronische Stabilitätssystem den Octavia 4x4 ab, bis alles wieder unter Kontrolle ist. Nachteil: Solange die Reifen keine Haftung aufbauen, verweigert sich der Motor dem Gasfuß - Antrieb gleich null. Für mehr Spaß schalten wir das ESP aus. Nun drehen die Räder zwar durch, doch es geht dank Winterreifen flott voran. Mit dem Griff zum Handbremshebel und gezielten Gasstößen gelingen herzerfrischende Drifts. Hier kann das Haldexsystem glänzen. Über einen Handbremssensor wird die Hinterachse in Sekundenbruchteilen abgekoppelt, die schwungvolle Wende gelingt.

In der Ausweichgasse wird es bei 80 km/h ohne ESP richtig schwierig, den Wagen durch die gestreiften Kegelhütchen zu bugsieren. Noch etwas schneller und es geht nur noch stur geradeaus. Auch ohne elektronische Sicherheitsleine verblüfft der Allradantrieb mit enormer Spurstabilität. Es sind die Reifen, die die Grenzen der Physik bestimmen. Das zeigt der hügelige Rundkurs. Glitschiger Matsch, vereiste Kurven und tiefe Spurrillen zwingen dem Allradler immer wieder ihren Willen auf. ESP ist hier ein Segen: Droht der Wagen in den Graben abzuschmieren, zwingt die Elektronik das Fahrzeug oft noch in die Spur - solange einer der Reifen noch einen Rest von Bodenhaftung findet. Doch kommen die 1,7 Tonnen erst einmal ins Rutschen, hilft auch dem Octavia 4x4 nur noch ein Traktor mit Bergegurt.

Wer sich mit dem Allradkombi öfter auf Abwege begibt, ist mit dem optionalen Schlechtwegepaket gut bedient. Motor und Getriebe sind mit einer Stahlplatte vor Beschädigungen geschützt. Auch die Bremsleitungen erhalten zusätzliche Abdeckungen. Serienmäßig gibt es eine auf 16,3 Zentimeter erhöhte Bodenfreiheit - für unsere Eskapaden ausreichend. Zudem ermöglicht die Allradtechnik eine 200 Kilogramm höhere Anhängelast. Auf Asphalt ist der Octavia ein ganz normaler Kombi mit viel praktischem Talent: geräumig, leise, komfortabel und hochwertig verarbeitet. Das Gepäckabteil fasst bis zu 1620 l Gepäck, mit fünf Personen an Bord sind es immer noch stattliche 580 l. Im Gegensatz zum Vorgänger kostet die angetriebene Hinterachse kein Ladevolumen.

Fazit: Der Octavia Combi 4x4 verdient das Prädikat "narrensicher". Ob Diesel- oder Benzin-Direkteinspritzer ist letztlich eine Geschmacksfrage. Beide überzeugen im Härtetest. Letztendlich könnte der fehlende Partikelfilter die Entscheidung bringen. (ar/slp)

Fahrbericht Testbericht Skoda Octavia 4x4 1,9 FSI
Das könnte für Sie auch interessant sein