Toyota Hilux 2.5 D-4D 4x4

Fahrbericht Toyota Hilux/VW Amarok
Highnoon der Lastesel

Auto-xxl — Fahrbericht vom 24.04.2012
Während der eine mit seinen 45 Produktionsjahren ein regelrechter Opa ist, kommt der andere jung, frisch und voller Elan auf Markt. Beide, sowohl der Toyota Hilux als auch der VW Amarok, sind Nutzfahrzeuge, die nun zum Duell antreten.




In Deutschland ist der Pickup-Markt ebenso überschaubar wie zweigeteilt. Obwohl viele Besitzer ihre Kleinlaster als Pkw zulassen, führt das Kraftfahrtbundesamt die Pritschenwagen nicht in einem entsprechenden Segment innerhalb der Zulassungsstatistik. So sind Herstellerangaben die einzige Quelle, die Rückschlüsse auf den Zuspruch der Modelle erlauben. Demnach überlegt sich die deutsche Toyota-Zentrale wahrscheinlich immer noch, ob rund 1 600 neue Hilux in 2011 Grund zum Jubeln liefern oder doch eher enttäuschen. VW zählte im gleichen Zeitraum 4 200 verkaufte Amarok. Gemessen an den deutschen Marktanteilen (Toyota 3,7 Prozent, VW 21,4 Prozent, Stand März 2012), geht der Beliebtheitspunkt an den Toyota. Für das Modelljahr 2012 haben die Japaner ihren Pick-up energisch aufgefrischt, nicht zuletzt, um dem 2010 eingeführten deutschen Konkurrenten Paroli zu bieten.

Die Pflege-Kur am Hilux umfasst neben Karosserie-Retuschen vor allem eine Aufwertung des Innenraums und der Serienausstattung. Aber auch der beste Innenarchitekt kann eine Almhütte nicht in eine Strandvilla verwandeln. Das Hilux-Interieur verströmt eher herben Nutzfahrzeugflair. Die spielerische und manchmal ungeordnet erscheinende Verteilung der Bedienelemente gehört ebenso dazu wie der zweite Schalthebel in der Mittelkonsole. Er ist für die manuelle Zuschaltung des Untersetzungsgetriebes an die Fünfgang-Handschaltung nötig.

Im Amarok geht es innen eindeutig wohnlicher zu. Zwar sind die Oberflächen ebenfalls in robustem Plastik ausgearbeitet, doch das aktuellere Konzept mit allen wichtigen Bedienelementen im Blickwinkel des Fahrers, einer praktischen Ablagenstruktur und Tastenwahl für Offroad-Betrieb beziehungsweise mechanischer Differenzialsperre bringt eindeutig der VW mit. Im Gegensatz zum Hilux ist sein Lenkrad nicht mit Tasten für die Steuerung vom Radio und Telefon ausgestattet.

In der Doppelkabine des Amarok haben auch Erwachsene im Fond genug Platz. Die Zwitter-Existenz der zwei Lastesel mit Lifestyle-Ambitionen war an den Testwagen schon an kleinen Details abzulesen: Während der Amarok seine Nutzfahrzeug-Qualitäten durch Gummimatten zu untermauern versucht, soll im Hilux durch zusätzlicher Einleger aus Teppichboden ein bisschen mehr Wohlfühl-Atmosphäre aufkommen.

Mit der Modellauffrischung erfuhr der Toyota eine Leistungssteigerung des 2,5-Liter-Motors um 18 kW/24 PS auf 106 kW/144 PS. Damit ist er dem Doppelturbo des Volkswagens immer noch um 14kW/19 PS unterlegen, der 120 kW/163 PS leistet. Doch im Fahrbetrieb wirkt sich der Unterschied kaum aus. Subjektiv tritt der Hilux sogar ein wenig beherzter an, was nicht zuletzt auf das um etwa 100 Kilo geringere Eigengewicht zurückzuführen ist. Das maximale Drehmoment stellen beide Turbodiesel bereits ab etwa 1 600 U/min zur Verfügung. Was sich in beiden Fällen mit ordentlichem Durchzug direkt aus dem Drehzahlkeller äußert. Eine unverblümt nagelnde Lkw-Akustik ist beiden Vierzylindern zu eigen.

Während der japanische Altmeister mit GPS-gemessenen 173 km/h Höchstgeschwindigkeit den Wert das Datenblatts (170 km/h) auf der Autobahn sogar übertraf, hatte der Amarok Schwierigkeiten, die Tacho-Nadel in die Nähe der versprochenen 180 km/h zu bringen. Im Testverbrauch (zuladungsfrei) lagen beide 0,7 (Toyota) bzw. 0,9 Liter (VW) über dem offiziellen EU-Messwert, was in jeder Hinsicht tolerabel ist. Der Normverbrauch für den Toyota beträgt 8,3 Liter Diesel, für den VW sind 7,9 Liter Diesel für 100 Kilometer Wegstrecke angesagt.

Im Großstadtdschungel, wo beide Hersteller ihre Pick-ups so gerne verstärkt als bevorzugtes Transportmittel urbaner Cowboys sehen, fühlen sich die über fünf Meter langen Mobile nicht wirklich wohl. Immerhin verschafft die hohe Sitzposition eine ganz ordentliche Übersichtlichkeit. Beim Einparken hilft im Fall des Toyota die Rückfahr-Kamera.

Auf Kopfsteinpflaster lässt der VW mehr Souveränität und Abgeklärtheit erkennen. Eine breitere Spur an der Vorderachse hilft ihm dabei, dass die Schläge in der Lenkung nicht so spürbar durchkommen wie beim Japaner. Geht es querfeldein, macht beiden Pick-ups so leicht keiner was vor.

In der einfachsten Ausführung ist der Hilux für 20 825 Euro zu haben, der günstigste Amorak kostet 23 205 Euro. Mit diesen Summen ist bei den beiden gut ausgestatteten Testwagen mit Doppelkabinen nicht zu landen. Da sind beim Toyota 30 336 Euro angesagt, Volkswagen lässt sich die gefahrene Version gar mit 40 400,50 Euro vergüten. Wie ernst die beiden Kontrahenten um die Publikumsgunst buhlen, war daran zu erkennen, dass Toyota beim Markteintritt des Volkswagens umgehend die Preise senkte.

Wer Firmen- und Familienfahrzeug unter einer Karosse vereinigen will, wird sich langfristig im Amarok wohler fühlen. In ihm steckt mehr Pkw, auch wenn das seinen Preis hat. Der kühle Rechner wird zum Toyota greifen. Er repräsentiert das Echte und Urwüchsige. Auf der Baustelle ist er weiterhin häufiger anzutreffen als vor dem Eingang vom Szene-Lokal.

Axel F. Busse/mid


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