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Porsche 911 GT3
Suchtgefahr

Auto-xxl — 22.04.2009
Stille liegt über der Idylle der Schwäbischen Alb, der Morgennebel hängt noch in den Wiesen. Plötzlich durchbricht das fauchende Startgeräusch eines Motors die ländliche Ruhe.


Eine kleine Gruppe scharrt sich um den neuen Porsche GT3 - der Sportwagen der 911-Reihe schlechthin. Ab Mai steht er zu Preisen ab 116 947 Euro bei den deutschen Händlern.

Auf dem Genfer Salon im März konnte der Feger aus Zuffenhausen bereits bewundert werden: mit seinen klassischen 911er-Proportionen gepaart mit dem ausladenden, aber dennoch zum Fahrzeug passenden Heckspoiler. Doch nicht nur an ihm ist der neue GT3 zu erkennen; zwischen den erstmals serienmäßigen Bi-Xenon-Scheinwerfern deutet ein ihm vorbehaltener schmaler Kühlluftaustritt ebenso auf die Hitzeentwicklung des 3,8-l-Boxer-Saugmotors hin wie auch die drei großen vergitterten Lufteinlässe in der Schürze. Die schwarz abgesetzte Spoilerlippe an der Front liegt nur knapp über der Fahrbahn, lediglich 9,3 Zentimeter beträgt die Bodenfreiheit. Schon die Optik verdeutlicht: Rennsportlicher Fahrspaß ist garantiert, Reise- und Komfortansprüche müssen zu Hause bleiben.

Doch an der Rennoptik hält sich die kleine Gruppe nicht lange auf. Kaum ist eine Reihe der GT3s freigegeben, röhren die Motoren in den Morgen. Der sportliche Enthusiasmus der Fahrer kann nur bis zum Ortsausgangsschild im Zaum gehalten werden, dann will die Leistung von 320 kW/435 PS auf die Straße losgelassen werden, die den zweisitzigen Sportwagen in 4,1 Sekunden von Null auf Tempo 100 katapultiert. Nach weiteren 4,1 Sekunden liegt die Geschwindigkeit schon bei 160 km/h. Der Sound aus sechs Zylindern dröhnt weit übers Land. Sehnsüchtig wird die nächste Autobahn gesucht. Jeder Insasse ist bereits infiziert, will sich austoben, will diese Präzisionsmaschine auf ihre Höchstgeschwindigkeit von 312 km/h bringen, will kaum fassen können, dass mit dem Neuling das Vorgängermodell tatsächlich noch um einiges übertroffen wurde.

Damit ist nicht nur die Mehrleistung von 15 kW/20 PS gemeint und die damit einhergehende schnellere Beschleunigung, sondern auch die stärkere sowie präzisere Bremsleistung. Ein gegenüber dem Vorgänger verändertes Aerodynamikpaket trägt zu einer deutlichen Verbesserung der Bodenhaftung bei, so dass eine ausgezeichnete Straßenlage stets gewährt ist. Hinzu kommt eine beeindruckend direkte und zugleich leichtgängige Lenkung. Schon nach wenigen Kilometern auf der Landstraße wird deutlich: Der GT3 macht süchtig. So wie ein heißes Messer durch die Butter fährt, so mühelos lässt sich diese Rennmaschine durch die Landschaft zirkeln - kein Weg scheint zu steil, keine Straße zu kurvig. Wer hier nicht Disziplin bewahrt, mit dem gehen schnell die Gäule durch, will vielleicht sogar das ESP und die Traktionskontrolle per Knopfdruck abschalten und sich ungefiltert dem Spiel mit den physikalischen Kräfte hingeben. Doch solche Spielereien sollte man sich für die Rennstrecke aufbewahren, auf der dieser Porsche sicher eine sehr gute Figur machen dürfte.

Dass eine Rennstrecke das richtige Pflaster für Hochgeschwindigkeitsfahrten mit dem 1 395 Kilogramm schweren Geschoss ist, verdeutlicht der Sprint auf der Autobahn. Zwar meistert auch hier der Porsche die Fahrt souverän, doch ab 270 km/h nimmt er jede Unebenheit wahr, leitet sie nahezu ungefiltert an die Insassen weiter und neigt durch das Flickwerk im Asphalt zum leichten Tänzeln. Wer mit seinem Rücken Malaise hat, wird in den nur minimal einstellbaren Sportsitzen nach einer Weile Schmerzen verspüren. Da hilft es auch nicht, dass die Seitenwangen jederzeit sehr guten Halt geben.

Doch abgebrühte Sportwagenfahrer, die die Anschaffungskosten von mindestens 116 947 Euro bereit sind zu bezahlen, werden weder den Weg zur Rennstrecke noch zur Tankstelle scheuen. Wie oft der Halt an der Zapfsäule erforderlich ist, hängt natürlich von der Fahrweise ab. Im Test begnügte sich der GT3 mit 16,6 l Super Plus auf 100 Kilometern, bei gemäßigter Gangart und unter Beachtung der Schaltempfehlung soll sich der Durst auf 12,6 l reduzieren lassen. Wird jedoch unablässig Gas gegeben und jeder der sechs Gänge der exakten Handschaltung bis in den roten Drehzahlbereich ausgefahren, fordert der Sportwagen mehr als 20 l. Doch wer einmal süchtig nach dem GT3 ist, den werden weder die Kosten noch die Gefahr der Sucht weiter kümmern. Silke Koppers/mid

Technische Daten Porsche 911 GT3:
Zweisitziges Sportcoupé, Länge/Breite/Höhe/Radstand: 4,46 Meter/1,81 Meter/1,28 Meter/2,36 Meter, Bodenfreiheit 9,3 cm, Kofferraumvolumen 105 l, Gewicht 1 395 kg, zul. Gesamtgewicht 1 680 kg, sechs Airbags, ESP;
Motor: 3,8-l-Boxermotor mit 320 kW/435 PS Leistung, max. Drehmoment 430 Nm bei 6 250 U/min, 0-100 km/h in 4,1 Sek., Höchstgeschwindigkeit 312 km/h, Sechsgang-Schaltgetriebe, Durchschnittsverbrauch 12,6 l/100 km Super Plus; Preis: 116 947 Euro.
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