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Kawasaki VN1700 Voyager
Bis ans Ende der Welt

Auto-xxl — 23.04.2009
Mit der neuen VN 1700 Voyager will der Motorradhersteller Kawasaki die Reiselustigen unter den Cruiser-Fahrern in Versuchung führen. Doch Eile ist geboten: Von den 17 995 Euro teuren Luxusschiffen sind in diesem Jahr nur 50 Einheiten auf Deutschlandkurs.




In den USA ist es schon lange ein Trend, einen chromblitzenden, klassischen, mit reichlich Zierrat versehenen Cruiser reisetauglich zu machen. Harley-Davidson macht mit der Electra Gilde schon seit Jahren vor, wie sich ein solches Motorrad erfolgreich verkaufen lässt. Japans Hersteller hatten bislang kein solches Motorrad zu bieten. Aber ab sofort ist auch diese Marktlücke besetzt, noch in diesem Frühling steht die VN1700 Voyager in den Schaufenstern der Kawasaki-Händler.

"Voyager" bedeutet "Reisender", und der Name ist Programm. Die Maschine ist mit allem ausgestattet, was einen Trip so angenehm wie möglich macht: Tempomat, eine riesige Verkleidung für umfassende Fahrtwindflaute, Stereoanlage mit zwei 20 Watt starken Lautsprechern, Anschluss für Bordkommunikation und mp3-Player, Bordcomputer, abschließbare Fächer in der Verkleidung, 12-Volt-Steckdose und insgesamt über 125 l Stauraum, aufgeteilt in zwei Koffer und ein Topcase. Zwei Nebelscheinwerfer, vier Sturzbügel und ein komplettes Cockpit im Stil amerikanischer Straßenkreuzer der 60er Jahre, das um ein sehr informatives LCD-Instrument erweitert wurde, runden die Ausstattung ab.

All das summiert sich auf der Waage zu üppigen 406 Kilogramm Lebendgewicht, und so bleiben für die Zuladung nur noch 168 Kilogramm übrig. Nicht viel, wenn man bedenkt, dass sich die Voyager für Fernreisen geradezu aufdrängt. Neben der erwähnten Windstille sorgen vor allem das ultrabequeme Sitzambiente inklusiveden Trittbrettern für stressfreie Ausflüge bis zum Horizont und darüber hinaus. Der sechste und letzte Gang ist als drehzahl- und spritsparender Overdrive ausgelegt. Und 20 l Benzinvorrat lassen eine ordentliche Reichweite zu. Ein weiteres Schmankerl: der mit Kohlefaser verstärkte Zahnriemen zum Hinterrad benötigt weder Wartung noch Pflege.

Als artgerechter Antrieb kann bei einem Cruiser nur ein V2-Motor dienen. Kawasaki hat einen solchen als Neuentwicklung im Programm, ein Derivat aus der nicht mehr gebauten VN 1600 und der riesigen VN 2000. Genau 1,7 l Hubraum misst das flüssigkeitsgekühlte Triebwerk. Daraus holt es eher bescheidene 54 kW/73 PS Leistung, doch viel wichtiger ist in diesem Motorradgenre ein dickes Drehmoment. Und damit kann die Voyager allemal protzen: 136 Nm liegt bei nur 2 750 U/min an. Dabei entwickelt der Vierventiler seine Kraft auf eine eher sanft zurückhaltende Art, wobei er den Drehzahlbereich zwischen 2 500 und 4 000 U/min bevorzugt. Darüber wird es für die beiden Ausgleichswellen schwer, die bis dahin unterschwellig vorhandenen Vibrationen im Zaum zu halten. Ein leichtes Pulsieren wird in Cruiser-Kreisen jedoch gern in Kauf genommen, schließlich entscheidet man sich ja auch deshalb für einen Zweizylinder. Die Benzinversorgung der bierglasgroßen Brennräume übernimmt eine neue, vollelektronische Einspritzanlage, bei der nur noch die Befehle vom Gasgriff aus mechanisch erteilt werden. Fakt ist, dass die Voyager perfekt am Gas hängt und Drehbewegungen der rechten Hand vollkommen ruckfrei umsetzt.

Der mächtige V-Motor sitzt in einem stabilen Doppelschleifenrohrrahmen, der sich vorn über eine Teleskopgabel, hinten über eine konventionelle Zweiarmschwinge mit zwei Federbeinen abstützt. Im Fahrverhalten gibt sich die Voyager keine Blöße, sieht man einmal von der Neigung ab, in Kurven eigenständig weiter in Schräglage abzukippen. Dann muss der Fahrer korrigierend eingreifen. Überhaupt sollten Kurven nicht zu schnell durchfahren werden, weil die voluminösen Trittbretter frühzeitig zu Boden gehen und sich außerdem eine gewisse Unruhe im Fahrwerk breit macht. Der Fahrkomfort ist hingegen über jeden Zweifel erhaben, die VN rollt über alle Frostaufbrüche und Schlaglöcher souverän hinweg.

Verzögert wird das Motorrad mittels dreier Bremsscheiben, die untereinander durch das K-ACT-System (Kawasaki Coactive Braking Technology) verbunden sind. Dabei organisiert ein computergesteuertes System die optimale Bremskraftverteilung und -verstärkung. In der Praxis arbeitet das System vor allem mit dem ordentlich funktionierenden ABS sehr gut, hohe Hand- und Fußkräfte sind dennoch vonnöten. Thilo Kozik/mid
Teststeno Kawasaki VN 1700 Voyager:
Reisecruiser mit flüssigkeitsgekühltem 50-Grad-Zweizylinder-Viertakt-V-Motor, vier Ventile je Zylinder, Hubraum 1700 ccm, max. Leistung 54 kW/73 PS bei 5 000 U/min, max. Drehmoment 136 Nm bei 2 750 U/min, elektronische Kraftstoffeinspritzung, geregelter Katalysator, Sechsganggetriebe, Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen, Teleskopgabel, Zweiarmschwinge mit zwei Federbeinen, zwei Scheibenbremsen vorn, eine hinten, Sitzhöhe 73 cm, Tankinhalt 20,0 l, Leergewicht 406 kg, Zuladung 168 kg; Preis: 17 995 Euro.

Test Kawasaki VN1700 Voyager

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